Montag, 21. September 2015

Empanada-Dankeschön :)

Wer dabei war (oder fleißig meinen Blog gelesen hat), der erinnert sich vielleicht noch an den Jugendgottesdienst in der Friedenskirche Biberach mit dem Thema "Aufbruch" vor einem Jahr. Ich habe ihn jedenfalls nicht vergessen und auch nicht die tatkräftige und spontane Hilfe der Jugend-Gruppe, die damals sofort bereit war, dieses Mammutprojekt anzupacken und mit vereinten Kräften (und in kürzester Zeit!) zu stemmen!

Daher war es mir eine Freude, heute einen Teil dieser positiven Energie zurückzugeben, indem ich den Jugendlichen von meinen Erlebnissen und meiner Arbeit während des Jahres erzählen konnte. Neben Fotos vom Regenwald und von unseren Kindern gab es außerdem noch ein kulinarisches Kultur-Erlebnis, und zwar in Form von selbst gemachten "Empanadas" und heißer Schokolade - direkt aus Ecuador eingeschleust ;)

Das Rezept ist auf sehr große Begeisterung gestoßen, daher hier die Anleitung, für alle, die es zuhause ausprobieren wollen:

Zutaten/Ingredientes (für ca. 15 Personen):


1 kg Mehl                                                                  2 libras de harina
2 Tl Backpulver                                                       2 cucharaditas de polvo de hornear
1/4 kg Butter                                                            1/2 libra de mantequilla
Wasser                                                                      Água
Mozarella-Käse                                                        queso fresco
Salz und Zucker nach Bedarf                                 sal y azúcar al gusto

Anleitung:

Das Mehl mit dem Backpulver mischen und die Butter einkneten. Wasser hinzugeben, bis eine feste Masse entsteht und gegebenenfalls mit Salz/Zucker abschmecken.
Die Masse eine halbe Stunde ruhen lassen.
Den Teig dünn ausrollen und kleine Kreise ausstechen. Ein Wenig Mozarella-Käse in die Mitte legen und die Ränder des Kreises aufeinander legen. Nun die halbrunde Kante einschlagen, sodass ein kleines Flechtmuster entsteht.
Die Empanadas in heißem Fett fritieren und mit Zucker servieren.

Tipp: Anstelle von Käse kann auch Hühnchen, Schinken, (sogar Schokolade!) verwendet werden.








Sonntag, 16. August 2015

Abschiedsgalerie

Ich habe mich im letzten Monat leider nicht so oft gemeldet, wie ich das gerne hätte, aber bestimmt könnt ihr euch auch schon denken, warum: Ich habe mich in meinen letzten Wochen hier von einem Abschied zum nächsten gehangelt und da mich meine Familie drei Wochen hier in Ecuador besucht hat, haben die Abschiede aus Zeitgründen bereits ziemlich früh angefangen. Anstatt euch jetzt aber mit Details zu langweilen, lasse ich hier einfach mal Bilder sprechen: Meine Abschiedsgalarie!

Verabschiedung von einer ehemaligen Mitfreiwilligen aus Australien (links im Bild)

Abschied von Freunden aus der evangelischen Jugendkirche "Verbo"

Letzte gemeinsame Tour mit meinem persönlichen Touri-Guide und Nachbarn

Abschied von unseren Kindern
und Jugendlichen der Fundación
Abschied von meiner Gast-großfamilie

Samstag, 30. Mai 2015

Dschungelwelten

Ecuador sei ein Land vieler Kulturen, heißt es immer. Meistens wird dann auf die indígenas-Völker im Dschungel verwiesen. Die Kinder in Ecuador (auch die in unserer Fundación) lernen in der Schule die verschiedenen Kleidungen, Ess- und Lebensgewohnheiten der unterschiedlichen Völker in den unterschiedlichen Regionen Ecuadors, als wären es andere Länder und nur die Wenigsten haben diese Realität jemals mit eigenen Augen gesehen. Was bedeutet diese Vielfalt also für das Land und seine Bewohner? Wie kann man sich das genau vorstellen?
Auf einige Fragen (die ich mir zuvor teilweise gar nicht bewusst gestellt hatte), habe ich in der letzten Woche einige Antworten bekommen, die ich gerne versuche, so gut wie möglich mit euch zu teilen. In der Woche vom 25. - 29.05. haben Laura und ich (nach dem Ablegen des C2-Examens in Quito --> Ergebnisse gibt's im August!! <--) an einer Reise in den Nationalpark Yasuní teilgenommen, die in Zusammenarbeit einer comunidad indígena und einem deutschen Reisebüro organisiert wurde und an der wir als Freiwilligen-Gruppe sozusagen als Versuchskaninchen teilgenommen haben.
Wir durften eine Woche lang eintauchen in eine neue Kultur innerhalb der bereits bekannten Kultur Ecuadors. Eine Kultur, die wie jede andere auch ihre Bräuche hat, ihre besonderen Gerichte, ihre Traditionen und ihre Sprache. Nachdem ich ein Jahr lang Zeit hatte, in der spanischen Sprache anzukommen, war es eine interessante Erfahrung, die Kichwa-Sprache des Amazonasgebietes kennenzulernen und feststellen zu dürfen, dass es nicht nur gar nichts (aber wirklich gar nichts!) mit Spanisch zu tun hat, sondern außerdem meilenweit von dem Kichwa der Sierra entfernt ist, das ich immerhin im Laufe des Jahres schon ein Bisschen mitbekommen habe.
Randbemerkung: Dieser "Tourismo comunitario" ist ein relativ neues Model von Tourismus, das in den letzten Jahren in Ecuador entstanden ist und langsam Fuß fasst. Es geht dabei darum, die natürliche kulturelle Vielfalt Ecuadors touristisch zu nutzen und in der Zusammenarbeit mit den Comunidades ebendiese Bevölkerung zu unterstützen und ihnen eine Möglichkeit zu bieten, sich der modernen Welt anzupassen ohne dabei ihre Traditionen aufgeben zu müssen, weil eben gerade diese Traditionen die Touristen anziehen sollen.
Der Yasuní-Nationalpark im Amazonasgebiet

LOS GING ES am Montag, den 29.06. mit einem Zusammentreffen der gesamten Gruppe in Coca, der letzten größeren Stadt (ca. 40 000 Einwohner), bevor der richtige Dschungel beginnt. Unter den 12 deutschen Jugendlichen waren auch einige bekannte Gesichter vom Weltwärts- bzw. Zwischenseminar dabei und nach einem kurzen Kennenlernen ging es dann auch schon - in Begleitung des Guides - mit dem Boot den Rio Napo hinunter. Beziehungsweise hinein - hinein in den Dschungel. Sagenhafte 12 Stunden (also den gesamten ersten Tag) verbrachten wir nur damit, in unserem kleinen Bootchen tiefer und tiefer in den ecuadorianischen Amazonas zu fahren und sowohl vom Boot aus als auch bei den gelegentlichen Klo- und Essenspausen am Festland die unglaublich grüne Landschaft zu bestaunen.
Es ist schon erstaunlich, wie müde man am Ende eines Tages sein kann, an dem man praktisch NICHTS getan hat außer in einem Boot gesessen, aber als wir schließlich in unserer Unterkunft ankamen (einer gemütlichen, mit Ein-Mann-Zelten bestückter Holzhütte), waren wir sehr dankbar für die frühe Nachtruhe in den zum Glück Moskito-freien Zelten.

TAG ZWEI - Frühstück um 6:30 Uhr, dann Abfahrt von Sacha Ñampi ("Weg im Dschungel"), unserer Unterkunft. "Abfahrt" bedeutet hier immer und ausschließlich Boot. Was in der uns bekannten, westlichen Welt ein Straßennetz ist, ist hier im Dschungel der Fluss. Wie auf der Autobahn gibt es den Hauptfluss, den Rio Napo, von dem verschiedene Nebenflüsse abzweigen (besonders schön zu beobachten ist das, wenn die Flüsse unterschiedliche Farben haben), die zu den verschiedenen Comunidades und kleinen Siedlungen am Flussufer führen. Wir sehen auf unserem Weg unterschiedliche Vögel, auf die uns unser Bootsführer oder unser Guide aufmerksam machen und verschiedene Lagunen. Bei einer kleinen Wanderung durch den Dschungel erklärt uns unser Guide (der übrigens aus einer Nachbar-comunidad stammt) die Pflanzen und Insekten auf dem Weg.
Am Abend kommen wir nach Sacha Ñampi zurück und auf dem Plan steht ein kleiner traditioneller Kochkurs, in dessen Rahmen wir unser Abendessen zubereiten sollen. Unter Anleitung der Köchin Chicha" des Dschungels herstellt. Chicha ist ein alkoholhaltiges Getränk, das in ganz Ecuador getrunken wird und je nach Region aus Mais oder Yuka hergestellt wird. Über die Chicha, wie sie im Dschungel zubereitet wird, kursieren allerdings unter Ecuadorianern jede Menge Gerüchte ("Trink das bloß nicht, das ist super stark!", "Die ist voll ekelig", "Da spuckt jeder einmal rein, bevor die Schüssel weitergegeben wird" oder "Wenn sie einem angeboten wird, kann man sie nicht ablehnen, das wäre eine Beleidigung"). Gehen wir nun also mal den bekanntesten nach:
links: Köchin bereitet den "Maito" zu
rechts: Frau bei der Herstellung der "Chicha"
kochen wir traditionelles "Maito", ein Gericht aus Fisch, der in ein Palmenblatt eingewickelt gekocht und dann mit Reis oder Bananen serviert wird. Außerdem lernen wir an diesem Abend, wie man die sagenumwobene "
1. Die Dschungel-Chicha ist stark: Kommt natürlich immer auf die Zubereitung an, allerdings ist es kein Wodka und die Menschen hier sind aufgrund von dauerndem Konsum auch sehr daran gewöhnt (sogar Kinder werden schon mit der Muttermilch daran gewöhnt).
2. Ablehnen wird als Beleidigung aufgefasst: Es ist tatsächlich so, dass hier zu eigentlich jedem Anlass Chicha angeboten wird. Feste, Versammlungen,... Begrüßung. Man kann sich das Ablehnen der Chicha also vielleicht so ähnlich vorstellen wie eine ausgestreckte Hand zur Begrüßung - die der Besuch nicht annimmt.
3. Im Dschungel wird in die Chicha gespuckt: Wahr. Tatsächlich wahr. Allerdings nicht ganz so, wie es die landläufige Meinung ist. Es ist nicht so, dass jeder dahergelaufene einfach mal so in die Schüssel spuckt - vielmehr ist der Prozess des Kauens (nicht wirklich spucken!) beim Fermentieren des Getränks und unterliegt strengen Richtlinien. Die Frauen, die hierfür zuständig sind, müssen sich einer regelmäßigen zahnärztlichen Kontrolle unterziehen und vor der Zubereitung der Chicha müssen die Zähne natürlich gut geputzt werden.

TAG DREI - Da wir am Vortag demonstriert haben, wie sehr wir uns bereits an die "hora ecuatoriana" (die ecuador-typische Unpünktlichkeit) angepasst haben, werden wir heute von unserem Guide etwas früher aus den Zelten geholt, um bei Zeit abfahren zu können. Es geht den Fluss entlang bis zu einer kleinen Comunidad, die mit einer ganz besonderen Spazialität am Tourismusprojekt der Region teilnimmt: Der "Affeninsel". Vor einigen Jahren lebte den Erzählungen zufolge ein Mann auf der kleinen Insel im Fluss und mit ihm gelangten auch einige Affen auf die Insel. Die Affen überlebten jedoch ihren Besitzer, vermehrten sich und da sie die Insel nicht verlassen konnten, bildeten sich drei Affenstämme, die bis heute auf der Insel leben und dank dem kleinen Umfang der Insel von Besuchern besonders gut beobachtet werden können. Nach der Affeninsel ging es zur nächsten Station, einer Comunidad mit dem Namen "Santa Teresita", wo wir die Regeln des Überlebens im Dschungel theoretisch und praktisch vorgeführt bekommen. Von medizinischen Pflanzen bis hin zu traditionellen Jagdtechniken und Fallen dürfen wir nicht nur anschauen, sondern auch anfassen - und ausprobieren. Im Rahmen eines kleinen Basrohr-Wettbewerbs wird der beste Jäger der Gruppe ermittelt (beziehungsweise die einzigen Personen, die das Ziel überhaupt treffen!) und das sind - ob das jetzt an Emanzipation oder der prozentualen Überlegenheit liegt, sei mal dahingestellt - zwei Mädchen!
Als letzter Programmpunkt steht heute die Observation eines ganz besonderen Baumes, des sogenannten "Ceibos" an. Im Laufe unserer Reise sollen wir noch mehrere dieser gigantischen Bäume sehen, deren Wurzeln sich wie rießige Zelte mehrere Meter in die Höhe strecken, doch jedes Mal ist es wieder beeindruckend zu sehen, wie hoch diese Bäume werden können, die wie geheimnisvolle Riesen in den Himmel ragen und die Geschichten von über 300 Jahren Lebenserfahrung erzählen könnten.

Der Nationalpark Yasuní.
Ausgangspunkt unserer Reise: Coca am Rio Napo
Unsere Unterkunft: im Bloque ITT, am Rio Napo
TAG VIER - Heute geht es den Rio Napo entlang bis zur Grenze Ecuador-Peru. Wir durchqueren den gesamten Dschungel Ecuadors entlang des Flusses, der in Peru weiterfließt und überschreiten
sogar kurz die Grenze zu Fuß. Es ist ein geniales Gefühl, zu wissen, dass wir praktisch mitten im Dschungel sind, an der äußersten Grenze des Landes.

Heute lernen wir außerdem das traditionelle Handwerk der Dschungel-indígenas kennen. So besuchen wir zum Beispiel das "Museo de barro" ("Tonmuseum"), wo wir von der Gewinnung des Tons aus einem kleinen Fluss bis hin zur Verarbeitung in Handarbeit jeden Schritt verfolgen konnten. Als es dann daran ging, uns selbst im Handwerk zu versuchen (in der Herstellung eines Garns, das aus einer Palme gewonnen wird), wurde uns allerdings erst klar, dass das Ganze eindeutig einfacher aussieht als es ist und jahrelange Übung erfordert, weswegen Handwerk hier auch meistens von Generation an Generation weitergelehrt und -gegeben wird.
Eine andere Sache übrigens, die von Generation zu Generation weitergegeben wird, abends beim gemütlichen Zusammensitzen mit Chicha, sind die Legenden und Mythen rund um den Dschungel und seine Geister. Zwar ist die Bevölkerung hier (wie im gesamten Land) katholisch, aber wie immer und überall mischt sich auch hier die katholische Religion mit althergebrachten Überzeugungen und den Göttern, die die Menschen in dieser Region schon immer hatten. So werden hier zum Beispiel einerseits biblische Geschichten über die Entstehung des Regenbogens erzählt, andererseits aber auch von Waldgeistern, die oftmals in Gestalt von Tieren entstehen (sehr häufig als Boa, eine gewaltige Wasser-Schlange) und den Wald beschützen. Die Energie des Dschungels (kichwa: "sacha"), die Sachamama, ist ein mächtiger Einfluss im Leben und Alltag der Bewohner und dementsprechend wichtig sind auch die Schamanen für einen Stamm. Eine ziemlich treffende Zusammenfassung fand ich folgende: Die Menschen hier sind zwar katholisch und sie haben Zugang zu Krankenhäusern und westlicher Medizin, aber wenn es hart auf hart kommt, dann geht man eben doch zuerst zum Schamanen. 





ABREISE - Die Woche ist wie im Fluge vergangen und heute geht es auch schon wieder zurück nach Coca. Natürlich wieder ein 12-h-Boots-Trip, jedoch sieht diesmal alles irgendwie vertraut aus und wir haben während der Reise genug Zeit, uns vom Dschungel zu verabschieden und die vielen neuen Erfahrungen und Eindrücke in uns nachklingen zu lassen. Um ca. 17:00 Uhr kommen wir dann in Coca an und nach einer herzlichen Verabschiedung geht schließlich jeder seiner Wege, wobei viele zum Terminal führen, wo jeder den jeweiligen Bus zurück in die bekannte Realität sucht.






Mittwoch, 13. Mai 2015

kleine Highlights

"Señorita! Señorita! Usted salió en la chispiola!" ("Sie sind in der Chispiola!") 
- "Was bitte schön ist eine Chispiola?!", war mein erster Gedanke, als eines unserer Mädchen heute ganz aufgeregt in die Fundación kam und vor mir auf und ab hüpfte.

Bevor ich jedoch nachfragen konnte, hatten sich schon ein paar andere Kinder um mich geschart und alle krähten begeistert durcheinander: "Sie sind in der Chispiola!", "Ja! Ja! Ich hab es auch schon gesehen!", "Wir haben Sie in der Chispiola gesehen!", "Ich habe Sie gleich erkannt!".
Die Chispiola, Ausgabe Mai 2015, Seite 9
Langsam dämmerte mir, dass die Chispiola wohl so eine Art Zeitschrift sein musste und mein Verdacht wurde bestätigt, als schließlich gleich drei Kinder auf einmal das farbenfrohe Heftchen herausholten und ihrer immer noch sprachlosen Señorita unter die Nase hielten.
Vergrößert: Jugendliche der Fundación steht mit
"Chispiola"-Heftchen am Informations-Stand
Und tatsächlich - rechts im Eck, auf Seite Neun des Kinderheftchens, direkt unter einem Rezept für Mini-pizzen - prangte ein Foto der Gruppe der Jugendlichen unserer Fundación, inklusive Erzieher und Freiwillige!
Beim Lesen des Artikels verstand ich, dass es um eine Ausstellung des Magazins ging, in deren Rahmen kostenlose Ausgaben verteilt wurden und in die wir während eines Besuchs im Museum hineingeraten waren. Da wir mit einer ca. achtköpfigen Gruppe unterwegs waren und jeder sich ein Gratis-Heftchen sichern wollte, hatte uns die Infostand-Besitzerin schließlich um ein Foto gebeten
- aber dass wir dadurch berühmt werden würden, hätte natürlich keiner von uns erwartet ;)

Mein Durchbruch in der ecuadorianischen (Kinder-)Presse ;)

Erst die Arbeit....und gleichzeitig das Vergnügen!

Eierlaufen - ohne Ei und ohne Löffel

Ein super erfolgreicher (und außerdem mein erster eigener!) Workshop ist heute zu Ende gegangen und ich blicke froh (und auch ein Bisschen stolz) auf drei Wochen á 3 Tage Workshop mit Kindern von 4 bis 12 Jahren zurück! Eingeteilt in Altersgruppen, haben wir in einem je dreitägigen Workshop (von 16:30 - 17:30 Uhr) zuerst eigene Jonglierbälle gebastelt, am zweiten Tag ein Wenig mit ihnen geübt und am dritten Tag gab es für die Kids dann einen kleinen Wettbewerb, um ihre im Workshop erlernten Fähigkeiten präsentieren zu können.

Jonglierübungen im Park
Entstanden ist die Idee zu diesem Workshop im täglichen Miteinander in der Fundación: Da ich einige Zeit lang selbst in meiner Freizeit jonglieren geübt habe, hatte ich meine Bälle auch immer öfter in der Fundación dabei, um in der Mittagspause üben zu können. Als dann die ersten Kinder aus der Schule in die Fundación kamen, um Mittag zu essen, war die im Hof jonglierende Freiwillige stehts ein Hingucker und die Kinder beschränkten sich natürlich nicht nur aufs Zuschauen - sie wollten es sofort selbst ausprobieren! Ob groß oder klein, jeder wollte es einmal versuchen und wenn die Bälle dann beim ersten Versuch auf den Boden fielen, war der Ehrgeiz nur noch viel größer geworden. Da aber meine drei Jonglierbälle bei so vielen Kindern regelmäßig beinahe zur Meuterei führte, versprach ich den Kids irgendwann, dass ich ihnen zeigen würde, wie sie ihre eigenen Bälle basteln können.

Und hier die Bastelanleitung (für Kinder und Kind-gebliebene)

Material:
Eine halbe Tasse Weizen (oder Reis),
eine kleine Plastiktüte,
zwei Luftballons,
etwas Klebeband und eine Schere

Und so geht's:
Die kleine Plastiktüte wird mit Weizen befüllt und vorsichtig zugeknotet. Die Ecken eindellen und mit Klebeband fixieren, um eine runde Form zu erhalten. Jetzt die beiden Luftballons kurz unterhalb des Halses abschneiden (Hälse aufbewahren!) und vorsichtig über die mit Weizen gefüllte und abgerundete Tüte ziehen. Zuerst den einen, dann den anderen in entgegengesetzter Richtung, sodass ihr am Ende eine Kugel mit zwei Farben in den Händen haltet. Diese könnt ihr nun noch verzieren, indem ihr die abgeschnittenen Luftballon-Hälse in kleine Ringe schneidet und sie nach Lust und Laune über euren Jonglierball verteilt.


Die Gruppe der Kleinsten präsentiert stolz ihre bunten Jonglierbälle

...und zum Schluss:
ein kleines Nickerchen nach getaner Arbeit





Mittwoch, 29. April 2015

Höhen(aus-)flug




Wenn man eine Nacht "durchmacht", wird das meist mit Party oder Ähnlichem verbunden - eher selten damit, sich um drei Uhr nachts angezogen wie ein Astronaut und völlig außer Puste auf einem Vulkan wiederzufinden. Diese Art, eine Nacht zu verbringen ist auch weit weniger spontan: Im Vorfeld will eine Tour gebucht, die Ausrüstung bereitgestellt (bzw: zusammengesucht) und das Zeltlager am Fuße des Vulkans, in dem man von 19:00 - 23:00 Uhr ein paar Stunden pseudo-geschlafen hat, abgebaut werden, um sich dann gegen Mitternacht an die Besteigung des Cotopaxi zu machen. Der Cotopaxi ist mit seinen stolzen 5897 Metern einer der höchsten aktiven Vulkane und der zweithöchste Berg Ecuadors (wird nur noch übertroffen vom Chimborazo mit 6268m) und außerdem einer der meistbesuchten Gipfel Südamerikas.
Aufgrund der Höhe ist der Aufstieg nicht ganz einfach und sich mit einem Guide aufzumachen ist zwar ein guter Anfang, aber keine Garantie, es bis auf den Gipfel zu schaffen. Zwar hatten wir ganz gute Karten, da wir ja in Cuenca bereits auf 2550m unseren Lebensmittelpunkt und Alltag haben und auch Ausflüge in den nahegelegenen Nationalpark El Cajas bereits als Training gewertet werden können, allerdings haben wir dennoch beschlossen, am Vortag der Cotopaxi-tour eine kleine Akklimatisierungs-Übung an der Lagune von Quilotoa vorzunehmen, zu der man üblicherweise erst hinuntersteigt und dann völlig erschöpft auf einem der bereitgestellten Pferde wieder nach oben getragen wird. Das dies aber nicht das Ziel unseres Ausflugs war, haben wir uns ganz tapfer auch wieder hochgekämpft und mit ca. 45 min tatsächlich auch noch eine ziemlich gute Zeit hingelegt - wir fühlten uns also bereit für den nächsten Tag!
Quilotoa-Lagune in der Nähe von Latacunga
Im Hotel haben wir uns dann erstmal eine Mütze voll Schlaf gegönnt (dass das Prinzip "vorschlafen" nicht funktioniert, ist zwar allgemein bekannt, aber man kann's ja mal versuchen), um dann am nächsten Morgen früh unsere Ausrüstung zu bekommen (Fleece-Jacke, noch eine Jacke, Fleece-Hose, noch eine Hose drüber, Handschuhe, Fäustlinge zum drüberziehen, Schuhe die erstaunliche Ähnlichkeit mit Skischuhen aufweisen, Rucksack, Pickel, Steigeisen, Helm, Stirnlampe,...) und schonmal auszuchecken. Gegen vier Uhr Nachmittags ging es dann los und als wir im Nationalpark Cotopaxi angekommen waren, wurde erstmal das "Nacht"lager aufgeschlagen und essen gemacht (bzw das mitgebrachte Essen warmgemacht ;) ). Nach einer guten Portion Reis als Stärkung und ein paar Stunden Schlaf sind wir dann schließlich aufgebrochen und haben wie bereits erwähnt gegen Mitternacht unseren Aufstieg vom Refugio (ein kleines Holzhüttchen auf 4640m) begonnen.
Berge vereinen und sind für einige Menschen ein Stück Heimat in der Fremde. So haben wir im Refugio eine Gruppe Österreicher getroffen, die sich auch gerade für den Aufstieg bereitgemacht hat. Ganz nach oben kommen sollte in dieser Nacht allerdings keiner von uns. Währen die anderen aufgrund körperlicher Bedingungen einer nach dem anderen ausschieden (höhenbedingte Kopfschmerzen und ein Bein, das nicht mehr mitmachen wollte), lag es bei uns ironischerweise am Berg selbst.
Schon wieder am Abstieg - der Cotopaxi im Morgengrauen

"80% des Aufstiegs könnt ihr beeinflussen, indem ihr auf das Wetter achtet, körperlich fitt genug seid, den richtigen Guide wählt,... aber die letzten 20% entscheidet der Vulkan",

hatte uns unser Guide schon zuvor erklärt - und genau das hat er wohl in dieser Nacht getan. Der Cotopaxi hatte beschlossen, uns diesmal nicht bis ganz auf die Spitze zu lassen. Auf 5322 Höhenmetern stellte unser Guide eine Eisplatte über dem lockeren Schnee und damit eine enorme Lawinengefahr fest. Nach reiflicher Überlegung und einem Versuch, es kletternd nach oben zu schaffen, mussten wir schließlich aufgeben - und uns an den Abstieg machen.
Während es langsam Tag wurde, machte sich unsere kleine Seilschaft also wieder auf den Weg nach unten (der übrigens kein bisschen einfacher ist!) - und zwar gerade noch rechtzeitig. Unten angekommen gerieten wir beinahe in einen kleinen Schneesturm und waren heilfroh, als wir uns schließlich im Auto vor dem peitschenden Wind in Sicherheit bringen konnten.
Auch wenn wir in dieser Nacht nicht ganz bis auf den Gipfel kamen, so war es dennoch ein Erlebnis, das wir so schnell nicht vergessen werden!







Der Cotopaxi im Verlauf des Abends
(von links oben nach rechts unten)

Sonntag, 22. März 2015

Fanesca - die wohl komplizierteste Suppe der Welt

Was tut man in einem absoluten Fleischfresserland wie Ecuador, wenn während der Fastenzeit das Fleisch vom Speiseplan gestrichen wird? Die strenggläubigen Ecuadorianer hatten darauf vor einiger Zeit eine klare Antwort, die mittlerweile zur Tradition für die Osterwoche geworden ist: Fanesca! 
"Fanesca" bedeutet übersetzt so etwas wie "Mischung" oder auch "Durcheinander" und kann durchaus auch als Metapher außerhalb des kulinarischen Bereichs verwendet werden ("Du redest heute aber eine wirkliche Fanesca zusammen!"). Sie zuzubereiten ist eine Herzensangelegenheit, sie zu essen eine Herkulesaufgabe (und sättigend für mindestens zwei Wochen!) und die Zutaten dafür klingen wie ein mystischer Zauberspruch:

"Sambo, Zapallo,
Limeño, poroto,
haba,
arbeja, achocha,
bacalao,..."

Zutaten für die Fanesca
Am Samstag wurde ich im Rahmen unseres Koch-Workshops mit den Jugendlichen in die Geheimnisse der Zubereitung von Fanesca eingeweiht und ich beginne mal damit, euch die Zutaten vorzustellen: Die Fanesca wird von Haushalt zu Haushalt unterschiedlich hergestellt, was aber immer gleich bleibt sind die Unmengen an Hülsenfrüchte: Gartenbohnen, Kidneybohnen, "normale" Bohnen, angebratene Kürbiskerne, Erbsen, die verschiedensten Arten von Mais (neben dem Mais, den auch wir kennen, gibt es hier außerdem einen Inka-Mais, der "Mote" genannt wird) und neben Andenhirse natürlich auch der allgegenwärtige Reis. Dazu kommen dann noch Kohl, verschiedene Kürbisarten (Sambo, Zapallo, Limeño, Achocha) und Kräuter wie Koriander und Petersilie. Das Ganze wird dann in Milch gekocht, bevor die Hauptzutat hinzukommt: Fisch. Traditionellerweise wird ein gesalzener Trockenfisch mit dem Namen "Bacalao" verwendet und wir haben außerdem noch frischen Fisch ("Albacora" = weißer Thun) hinzugefügt.

Die Fanesca-Mischung aus quasi allem war ursprünglich als sättigender Fleischersatz in der Fastenzeit gedacht und ist jetzt eine Tradition, die die Gemüter spaltet. Während einige sich schon das ganze Jahr darauf freuen, stehen andere der Oster-Suppe aufgrund ihres salzigen Fischgeschmacks eher kritisch gegenüber - mir hat es jedenfalls super geschmeckt!

Um unserem Workshop noch ein Wenig internationalen Geschmack zu geben, gab es auch noch typisch deutschen Apfelkuchen! :)

Sonntag, 15. März 2015

El Limonal - eine Woche Auszeit

Handy aus - Zwischenseminar an.
Es klingt wie Limonade, schmeckt vegetarisch und sieht aus wie ein wunderschönes Naturpanorama:
Unser Zwischenseminar in "El Limonal"!
Ein Bisschen oberhalb der Hauptstadt Quito, in der Provinz Imbabura liegt ziemlich versteckt, abgeschnitten von Handynetz, Internet oder Zivilisation ;) ein kleines Dörfchen namens "El Limonal", wo ein europäischer Auswanderer vor 20 Jahren begonnen hat, die von Monokultur und Landwirtschaft zerstörten Felder zu restaurieren und aufzuforsten, sodass sich dort mittlerweile ein prächtiger Wald erstreckt, den er immernoch hegt und pflegt. In seinem Projekt nimmt er Arbeiter auf Zeit, Urlauber oder eben auch mal eine 20-köpfige Gruppe Deutscher Jugendliche auf, die dort das Zwischenseminar ihres Freiwilligendienstes abhalten.




Mit Morgenyoga, vegetarischer deutsch-ecuadorianischer Küche und einem ziemlich entspannten Seminarplan hatten wir eine Woche voller interessanter Gespräche, inspirierenden Inputs, Austausch, neuen Freundschaften und gemeinsamer Ausflüge.
Sprung ins kalte Wasser -
"Siete Cascadas" in der Provinz Esmerladas
Wir hatten die Chance, andere Freiwillige kennen zu lernen, über ihre Projekte zu erfahren und gemeinsam unsere Erfahrungen und Probleme anzuschauen und zu besprechen. Das Zwischenseminar wurde von der Organisation Alegro geleitet, eine Studentenorganisation aus vorrangig ehrenamtlichen Mitgliedern, die sich aus Rückkehrern zusammensetzt und denen "weltwärts" somit ein großes, persönliches Anliegen ist. Die 15 Freiwilligen kamen aus den Organisationen Ecuador-Connection, Kolping und natürlich wir beide von bezev.

Unterwegs auf ecuadorianische Art - der Gringo-tren ;)

Donnerstag, 26. Februar 2015

Halbzeit!

"El tiempo pasa volando" - Die Zeit vergeht wie im Fluge:
Am Sonntag (22.02) war es genau ein halbes Jahr her, dass ich hier in Ecuador meinen Freiwilligendienst begonnen habe - unglaublich!
Ich blicke zurück auf ein wundervolles, abwechslungsreiches und spannendes halbes Jahr, in dem ich viel gelernt, viel neues gesehen und neue Erfahrungen gemacht habe.
Ich habe von ecuadorianischen Essgewohnheiten, Feiern bis hin zu den typischen Krankheiten alles ausprobiert und blicke mit Freude und ein Wenig Wehmut auf die noch verbleibende zweite Hälfte des Jahres.
Nächste Woche steht dann auch das Halbzeits-Seminar in Ibarra, in der Nähe der Hauptstadt Quito an, von dem ich euch dann demnächst mehr berichten kann.
Da anlässlich meines "halbjährlichen Jubiläums" hier auch wieder ein Bericht an meine Organisation bezev fällig war, gibt es nun für die Leseratten und Interessierten unter euch ein paar Details und neuen Lesestoff:




26. Februar 2015
                                                                                                                                                             Kathrin Speh
Zweiter Quartalsbericht

“Was?! Halbzeitsbericht? Jetzt schon?!”, das waren so ungefähr die Gedanken, die sich in meinem geschockten Gehirn geregt haben, als mir Laura - meine Mitfreiwillige - mitteilte, dass der Bericht zur Halbzeit unseres Freiwilligendienstes jetzt dann fällig sei. Es ist mehr als unglaublich, dass jetzt schon die Hälfte vorbei sein soll! Die Zeit ist im Nu verflogen und der Gedanke, dass nur noch einmal so ein halbes Jährchen fehlt, bis wir schon wieder im Flieger nach Hause sitzen, ist ein Bisschen (okay, wem versuche ich hier etwas vorzumachen: ziemlich!) unheimlich.
Auf der einen Seite ist dieses erste halbe Jahr unglaublich schnell vergangen und es kommt mir vor, als sei ich gestern erst in München in den Flieger gestiegen – gespannt, aufgeregt und neugierig auf das, was da kommt.
Andererseits ist aber in der Zwischenzeit so viel passiert, ich habe so viel erlebt, gelernt und genossen – das schürt meine Vorfreude auf die zweite Halbzeit umso mehr!
Mittlerweile ist nicht mehr alles neu (natürlich immer noch vieles, aber eben nicht mehr alles) – das kleine Andenstädtchen, dass jeden Morgen mit der genialen Aussicht auf die Berge, in die es eingebettet ist, auf mich wartet, fasziniert mich zwar immer noch jeden Morgen, aber ich wohne eben mittlerweile hier. Es ist meine Heimat geworden, wenigstens bis zu einem gewissen Grad. Ich werde nach dem Weg gefragt (und kann sogar eine hilfreiche Antwort geben!), unternehme Dinge mit Freunden und als mir vor kurzem einmal gesagt wurde, dass ich mir den Cuencano-Dialekt angeeignet hätte, musste ich wirklich lachen. Es fühlt sich einfach nicht mehr fremd an.
Nach einem halben Jahr taucht man tiefer in die Kultur ein, die einen umgibt. Man lernt die kleinen Nuancen kennen, die winzigen Unterschiede, die oft nicht einmal in Worte gefasst werden können, sondern die man einfach unterbewusst wahrnimmt und sich intuitiv anpasst. Smalltalk, Humor, bestimmte (religiöse) Ansichten,… die kleinen Dinge des alltäglichen Zusammenlebens werden langsam verständlich, verstanden – und reproduziert.
Das ist nämlich die andere Seite eines so intensiven Eintauchens in eine fremde Kultur – man selbst verändert sich mit. Seit dem Tag, an dem ich in Quito aus dem Flieger gestiegen bin, als ich hier zu Arbeiten begonnen habe, während ich mich in meine Gastfamilie eingelebt habe, beim Kennenlernen und Freundschaften knüpfen mit Einheimischen, im Umgang mit den Kindern, in zahlreichen Gesprächen mit den unterschiedlichsten Menschen hier – Tag für Tag kann ich mich quasi dabei beobachten, wie ich mich verändere. Einige Veränderungen sind intuitive Anpassungen aufgrund von Nachahmung: Bestimmte Besonderheiten in der Gestik, Mimik und Ausdrucksweise. Andere Veränderungen kommen schleichend und bergen ein ungeheures Potential. Aus seiner eigenen Kultur auszutreten und in eine andere einzutauchen bietet unbegrenzte Möglichkeiten – wenn man sie denn zu nutzen weiß. Es erfordert manchmal Einiges an Willenskraft und Zurückhaltung, sich Dinge anzuhören oder anzusehen, die beim ersten Eindruck, vor dem Hintergrund der eigenen Kultur, einfach zu absurd erscheinen. Aber meine Neugier ist größer und das hilft mir, eine ehrliche Offenheit beizubehalten, die es den neuen Eindrücken und Ansichten erlaubt, meine Gedanken zu durchwirken – und zu verändern. Das geht nicht Schlag auf Schlag, viel mehr ist es ein sanfter, leiser Prozess, der sich wie mit Samthandschuhen an dich herantastet und langsam, Stück für Stück deinen Blick öffnet, deinen Gedankenradius weitet und dich spüren lässt, dass da noch viel mehr ist als du immer dachtest. Das ist es, denke ich, was einem nicht in einem 2-Wochen-Pauschalurlaub passieren kann. Für diese Erfahrung muss man tiefer eintauchen, sich wirklich auf die Kultur einlassen, mit den Menschen leben, arbeiten und Zeit verbringen – und das bietet in dieser Form nur ein Freiwilligendienst. Ich muss gestehen, ich hatte schon im Vorfeld nicht allzu viele Zweifel, aber hier bin ich mir mit jedem Tag, der verstreicht, sicherer, dass der weltwärts-Freiwilligendienst das absolut richtige für mich ist.
Aber nicht nur meiner persönlichen Entwicklung tut dieses Jahr gut – auch für meinen zukünftigen Arbeits- und Studienweg wird dies hier bestimmt noch sehr hilfreich sein. Es ist sehr interessant, vor dem Studienbeginn erstmal etwas Arbeitserfahrung zu sammeln – und auch hier spielt wieder der Zeitraum eine große Rolle, denn der Unterschied zwischen ein paar Wochen und einem ganzen Jahr Arbeitsalltag (und das in derselben Institution) ist gewaltig. Mir wurde dadurch, dass ich mit einer Erzieherin der Fundación zusammenlebe, schon in der ersten Zeit bereits viel über die Hintergründe und Werdegänge einiger Familien erzählt -  aber lange genug hier zu sein, um diese Dinge selbst miterleben zu können, ist etwas ganz anderes. Wir werden hin und wieder auf Hausbesuche mitgenommen, lernen die Familie und die Wohnsituation der Kinder kennen, bekommen mit, wie Familien, die nicht mehr so viel Hilfe benötigen, sich langsam aus der Fundación verabschieden, wie neue Kinder eintreten und integriert werden, wie Streitigkeiten entstehen und gelöst werden,…
In unseren sechs Monaten hier durften wir nun auch schon den einen oder anderen Engpass in der Fundación miterleben. Hier seien zum Beispiel die Wochen zu nennen, in dem ein Erzieher gefehlt hat und Laura und ich die morgendliche Gruppe der Jugendlichen und die Siebtklässler am Nachmittag allein betreut haben. Die Suche nach einem neuen Erzieher hat sich ziemlich schwierig gestaltet und so ist der vorherige Erzieher, Marco Carrión nun für den Zeitraum von drei Monaten (der Abwesenheit der Direktorin) aushilfsweise zurückgekehrt – allerdings ist noch immer unklar, wer ihn nach diesem Zeitraum ersetzen wird. Die Direktorin Betty Valarezo ist seit Ende Januar nicht mehr in der Fundación, da sie zu ihrer krebskarnken Schwester nach Frankreich gereist ist – sie wird in drei Monaten wiederkommen. Zwar ist das Fehlen der Direktorin für die Kinder nicht ganz so sehr spürbar wie das Fehlen eines Erziehers, aber hinter den Kulissen bedeutet das eben mehr Arbeit und Stress für das ganze Fundacións-Team. Und dazu gehören mittlerweile auch wir Freiwilligen. Wir haben immer mal wieder auch Freiwillige von anderen Organisationen da, die meisten aus den USA, die für kürzere Zeiträume in der Fundación mithelfen, aber auch hier ist der gravierende Unterschied der Zeit zu spüren – vom Kontakt zu den Kindern bis hin zur Sprache ist es einfach eine ganz andere Sache, ob man nur kurze Zeit in der Fundación ist, oder einen ganzen Jahreszyklus hier miterlebt. Laura und ich gehören mittlerweile zum eingespielten Team der Fundación, uns werden andere Aufgaben übertragen und es wird Eigeninitiative erwartet – so bringe ich zum Beispiel seit einiger Zeit fünf unserer Kinder nachmittags zu einer sozialpädagogischen Therapie, organisiere den Transport der Kinder an den kulturellen Freitagen und tätige hin und wieder Telefongespräche für die Fundación (hier wird vor allem von meinen Englischkenntnissen Gebrauch gemacht, da die Fundación auch mit einigen US-amerikanischen Organisationen zusammenarbeitet). Alles in Allem ist es eine schöne Arbeit, die mir auch nach einem halben Jahr noch sehr gut gefällt. Besonders gerne schaue ich auch auf die Highlights dieser letzten Monate zurück, wie zum Beispiel die große Weihnachtsfeier in Andacocha mit Kindern, Eltern und Verwandten oder dem tagelangen Feiern von Karneval in der Fundación, bei dem die Kinder tagtäglich einen Heidenspaß am Nassmachen von anderen Kindern, den Erziehern, den Freiwilligen und generell der ganzen Fundación hatten.
Auch für die zweite Hälfte stehen sowohl privat als auch geschäftlich einige Highlights an: In der Fundación steht noch jeweils ein Zeltlager für die Kinder und eins für die Jugendlichen am Ende des Jahres an und außerdem werden mich meine Eltern am Ende meines Freiwilligendienstes für eine gemeinsame Rundreise besuchen.
Diesbezüglich heißt es, jetzt schon die Ferien mehr oder weniger einzuteilen, da wir schließlich nur zwei wertvolle Wochen haben – auch eine sehr interessante Erfahrung, nach 12 Jahren Schulalltag und –ferien.
Auch steht für die zweite Hälfte die Reise meiner Gastfamilie nach USA an, der schon lange entgegengefiebert wird, da die Tochter meiner Gastmutter dort studiert und diese Reise ein Wiedersehen nach langer Zeit ermöglicht. Auch hier wird deutlich, wie mit der Zeit das Vertrauen wächst und mir auch innerhalb der Familie mehr Verantwortung übertragen wird – immerhin wurde ich bereits zum Haussitter für diesen Monat ernannt ;)
Als unmittelbar nächste Besonderheit steht allerdings erst einmal unser Zwischenseminar in Ibarra an, wohin wir nächstes Wochenende reisen werden. Ich bin schon sehr gespannt darauf, die anderen Freiwilligen kennen zu lernen, mehr über andere Projekte zu erfahren und bereits ein wenig über unsere Zeit und Erfahrungen hier zu reflektieren. Ich bin sehr neugierig darauf, ob es anderen Freiwilligen ähnlich geht wie uns hier in Cuenca und in der Fudación el Arenal, denn ich kann mir gut vorstellen, dass dies stark vom Projekt, dem Einsatzort und der Gastfamilie abhängt.

Was dies angeht, so habe ich das Gefühl, in diesen Aspekten wirklich sehr viel Glück gehabt zu haben und so schaue ich mit einem lachenden (es bleibt immer noch eine zweite Hälfte) und einem weinenden Auge (das Ende naht) der zweiten Hälfte meines Freiwilligendienstes entgegen.

Mittwoch, 18. Februar 2015

Cultural Corner

Es sind nicht nur die gewaltigen, offensichtlichen Dinge wie Zeitzone, Sprache, Klima - oft sind es vielmehr die kleinen Dinge, die alltäglichen Eigenartigkeiten, die das Gefühl ausmachen, das wir später "Kulturunterschiede" nennen und doch kaum in Worte fassen können.

weil diese kleinen Dinge meiner Meinung nach mindestens ebenso interessant (wenn nicht sogar manchmal viel interessanter!) sind, möchte ich euch in meinem cultural corner immer wieder die eine oder andere Kleinigkeit vorstellen, die mir hier so auffällt.

Der Telenovela-Hype
Meine Vorgänger-Freiwillige hat offenbar einmal beim Abendessen festgestellt: "Hier nehmen alle irgendwelche Drogen", woraufhin meine Gastoma entsetzt erwiderte: "Pass auf, was du da sagst! In unserem Haus nimmt keiner Drogen!". Daraufhin meinte meine Kollegin anscheinend nur: "Aber natürlich. Oder was ist das mit euren Telenovelas? Das ist doch schon beinahe wie eine Droge!". Als mir diese Anekdote mit einem Schmunzeln erzählt wurde, musste ich zunächst auch noch herzlich lachen. Als ich dann aber zum ersten Mal mitbekommen habe, wie die ganze Familie bis nachts um zwei aufgeblieben ist, weil eine Sonderausstrahlung ihrer Lieblingstelenovela im Programm war und am nächsten Tag wie gerädert herumgelaufen ist und nachdem das abendliche Familienleben ohnehin nach Sendezeiten getaktet ist, verstehe ich langsam den Ernst der Lage.
Es ist nicht nur so, dass einzelne Familien einzelne Telenovelas verfolgen, nein. Vielmehr gibt es bestimmte, die bereits zur Allgemeinbildung zählen und einfach jeder hier kennt.
Von den Protagonisten wird gelernt, mit ihnen gehofft und gebangt und es werden Spekulationen angestellt, wer der Bösewicht sein könnte, die nicht lebendiger sein könnten, wenn sich das ganze Drama im Nachbarhaus abspielen würde.
Nun kann man sagen, dass dies in der Generation meiner Gastgroßeltern nicht verwunderlich ist und das habe ich mir auch versucht einzureden - aber dieser Telenovela-Hype zieht sich durch alle Generationen.
Am Höhepunkt war mein Erstaunen aber, als ich "unsere" Kinder letzte Woche im Computerraum erwischt habe - mucksmäuschenstill saßen sie dort im Dunkeln, was mich misstrauisch gemacht hat (wer "unsere" Kinder kennt, der weiß, wie ungewöhnlich das ist). Doch als ich näherkomme, um zu sehen, was da vor sich geht, traue ich meinen Augen kaum: Ungefähr 10 unserer Jugendlichen (zwischen 12 und 16 Jahren) haben sich in das enge Räumchen gequetscht und schauen gebannt - eine (Jugend-)telenovela!

Montag, 5. Januar 2015

2015 - neues Jahr, neues Glück!

Silvester in Cuenca - nicht nur 6 Stunden später, sondern auch sonst ganz schön anders als in Deutschland.
Hier mal ein paar ecuadorianische Silvester-Riten im Portrait:

Die gelbe Unterwäsche:
Traditionell ist sie gelb, mittlerweile gibt es aber ganz verschieden Varianten (rot: Glück in der Liebe, gelb: Wohlstand,...). Eines haben sie aber alle gemeinsam: In der Silvesternacht getragen bringen sie Glück fürs neue Jahr.

Mit dem Koffer eine Runde drehen:
Eine "Runde" kann in diesem Fall eine Runde um den Tisch, im Raum, ums Haus oder um den Wohnblock sein, die Distanz spielt keine Rolle. Mehr die Symbolik: Mit einem Koffer am 31. Dezember eine Runde zu drehen, verspricht eine Reise fürs kommende Jahr.

Zwölf Münzen:
Zwölf Münzen, kurz vor Mitternacht über die Schulter geworfen, versprechen Wohlstand und Glück fürs neue Jahr.

Die zwölf Trauben:
Eines der bekannteren (da zB. auch in Spanien weit verbreitetes) Silvester-Ritual ist die Tradition der zwölf Trauben. Punkt Mitternacht wird mit jedem Glockenschlag eine Traube gegessen und im Geiste ein Wunsch formuliert - der dann im neuen Jahr in Erfüllung geht.

Das Verbrennen des "año viejo"
Definitiv die wichtigste Tradition zu Silvester hier in Ecuador: Jede Familie bastelt einen "viejo" ("año viejo" = altes Jahr), der symbolisch für das zu Ende gehende Jahr steht. Der viejo kann eine Person aus Märchen, Politik oder auch der eigenen Familie sein, der es in diesem Jahr nicht gut ergangen ist oder der man viel Glück fürs neue Jahr wünscht. Manchmal wird der viejo vor dem Verbrennen getreten (auch eine Art von Konfliktverarbeitung ;) ) oder mit ihm getanzt - aber auf jeden Fall wird die Puppe um Mitternacht auf der Straße verbrannt.
Natürlich können die Tage vor Silvester viejos in allen Formen, Farben und Größen auch für Geld erstanden werden und auch jedes Barrio (=Stadtviertel) hat seine eigene überlebensgroße Pappmaché-Puppe, die man bis Mitternacht im Zentrum der Stadt bewundern kann.

Als letzte, nicht ausdrücklich als Tradition definierte, aber doch viel praktizierte Aktion an Silvester folgt dann der Tanz ins neue Jahr hinein. Das Jahr 2015 begann für mich also mit traditioneller ecuadorianischer Musik, feuchtfröhlicher Stimmung und Tanz im Wohnzimmer der Nachbarn - nach diesem Auftakt bin ich mehr als gespannt, was das neu angebrochene Jahr sonst noch so für mich bereithält!

Meine persönliche "año viejo"-Galarie aus den Tagen vor Silvester









unsere "viejitos": eine meditierende Monica (meine Gastmutter),
ein Nicolas (mein kleiner Gastcousin) und ein Spiderman
Año Viejo eines Barrios:
Nett gemachte Anspielung auf die Fußball-Weltmeisterschaft in Rio
PS: Bitte entschuldigt die Verspätung der letzten Posts, unser Internet hier hat beschlossen, sich eine Weihnachts-Auszeit zu gönnen.


"fröhliche Weihnacht überall..." - auch in Ecuador!

"Leise rieselt..." die Sonne durch meine Vorhänge und weckt mich am Morgen des 24. Dezembers in meinem Zimmer in Cuenca.
Ich stehe auf und richte mich für die Arbeit - nicht allzu viel Weihnachtsfeeling bis jetzt.
Wir arbeiten am 24ten Dezember, aber die paar Kinder, die in die Fundación kommen, verschwinden nach dem Mittagessen wieder in Richtung zu Hause und so beginnt unser kleines Team in der Fundación ein spontanes Weihnachtsessen zu kochen. Es gibt Ceviche (eine Art kalte Suppe mit Meeresfrüchten) und eine Art süßes Fettgebäck (ähnlich wie Fasnetsküchle) - langsam kommt Weihnachtsstimmung auf. Nicht die typische, weiße, ruhige Weihnachtsstimmung, die vom Schnee und Glühwein handelt, sondern eine fröhliche, warme Weihnachtsstimmung, die gutes Essen und Sonnenschein verspricht.

In sommerfestlichem Stil geht es dann auch auf der Familienfeier am 25ten weiter - Hängematten, gutes Wetter und Karaoke lassen mich Weihnachten mal ganz anders erleben. Außerdem besonders für mich: Eine rießen Familie! Eine Urgroßmutter mit 8 Kindern, alle mit ihren Familien - und zum Schluss ist die ganze Veranstaltung wie fast immer hier in einer kleinen Tanzveranstaltung ausgelaufen. Es ist wirklich interessant zu sehen, wie hier gefeiert wird, denn obwohl die Basics überall dieselben sind (fröhliche Gesellschaft, gutes Essen, Musik,..), gibt es einige Details, die den Kulturunterschied deutlich machen.

Die Bescherung erfolgte dann am ersten Weihnachtsfeiertag abends, als wir von der Familienfeier zurückgekehrt waren im kleinsten Kreis. Es war wirklich schön und neben den Geschenken von meiner Gastfamilie habe ich mich auch sehr über das Päckchen meiner Familie gefreut, die mir auf diesem Weg ein paar weihnachtliche Grüße aus der Heimat gesendet haben - Dankeschön!