Donnerstag, 4. Dezember 2014

Campamento - Zelten der Sonderklasse

Dieses Wochenende waren wir mit den Jugendlichen der Fundación beim "Campamento" (Zeltlager) in Yunguilla. Es ist schon erstaunlich, dieses Land: Man fährt nur ca. 2h ein Bisschen aus der Sierra raus (Yunguilla liegt im Tal) und schon ist es zwei Jahreszeiten wärmer! Das ist für Urlaub zwar wirklich cool, um Zeltausrüstung, Feuerholz und Töpfe durchs Dickicht zu schleppen, ist die brütende Hitze allerdings suboptimal.
Als dann das Lager endlich aufgeschlagen, das Feuer angefacht und das Essen gekocht war, kam allerdings langsam richtiges Zeltlager-Feeling auf. Man konnte förmlich spüren, wie die Gruppe mit jeder Stunde mehr zusammenwuchs und im Laufe der zwei Tage konnten wir an jedem und jeder Einzelnen noch einmal ganz neue Seiten entdecken.

Endlich was zwischen die Zähne! In der Natur schmeckt alles gleich noch besser...
Zum Beispiel während einer Reflexion, bei der die Jugendlichen über die Arbeit ihrer Mütter gesprochen haben (die meisten Mütter arbeiten auf dem Markt oder ziehen mit ihrem Stand durch die Straßen - beides eine körperlich sehr anstrengende Arbeit) und über die Wertschätzung, die die Jugendlichen ihren Müttern dafür entgegenbringen (oder eben auch nicht). Das ist einer der vielen interessanten Aspekte in der Arbeit mit den Jugendlichen, denn während bei den kleineren die Lebenssituation noch nicht so explizit thematisiert wird, sind sich die Jugendlichen meistens ziemlich genau darüber bewusst, was sie ohne Unterstützung ihrer Familien erwarten würde. Viele wissen bereits, was arbeiten bedeutet, erzählen davon, wie sehr ein Tag auf dem Markt erschöpft und beinahe alle kennen die Straße und ihre Gefahren aus erster Hand.
Das sind die Momente, in denen ich begreife, dass ich die Situation der Jugendlichen nie wirklich verstehen kann, mit einem Hintergrund, der so anders ist als der ihre.
Und im nächsten Augenblick ist der Moment vergangen und sie benehmen sich wieder wie ganz normale Jugendliche, die auf einem Zeltlager endlich mal all ihre Energie rauslassen können.



Und wie jeder, der schon einmal an einem Zeltlager teilgenommen hat, weiß, sind es die Nächte, auf die es ankommt und die am meisten Spaß machen.
Da Laura und ich unter freiem Himmel geschlafen haben, hatte ich das große Glück, jede noch so kleine Regung und jedes Kichern live mitzubekommen und kann euch so einen minutiösen Bericht unserer Nacht liefern:

23:00 Uhr: Nach einer Runde Gruselgeschichten am Lagerfeuer werden die Jugendlichen jetzt langsam ins Bett geschickt.
23:30 Uhr: Natürlich ist noch keiner im Bett.
00:00 Uhr: Marco hat Geburtstag. Wir essen den (leider etwas zerdrückten) Kuchen, den Laura und ich mitgebracht haben.
01:30 Uhr: Nachdem die Jugendlichen es endlich in ihre Zelte geschafft haben, gehen jetzt auch die Betreuer schlafen.
bis 02:00 Uhr: Gekicher aus Zelt 1.
03:30 Uhr: María schleicht sich ins Zelt der Jungs. Sie ist sich sicher, dass sie nicht bemerkt wurde.
04:00 Uhr: María (kreischt): "Juaaaaan! Gib mir meine Haarspange wieder!"
                Juan: "Ich hab deine dumme Spange nicht"
                 María: "Wooo ist meine Spange??"
04:36 Uhr: Gekicher und Geflüster aus Zelt 2.
04:38 Uhr: Es kann jetzt nicht mehr von Geflüster, hier muss von Geschrei geredet werden.
04:45 Uhr: Aus Marcos Zelt dröhnt ein Schrei: "RUHE!!"
- Es herrscht ganze 10 Sekunden Stille -
04:46 Uhr: Das Gekicher geht wieder los.
05:30 Uhr: Die verlorene Haarspange hat urplötzlich enorm an Bedeutung gewonnen und wird lautstark mit allen Mitteln und in allen Zelten gesucht. ("Rückt sofort meine Haarspange raus! Und hey, mein Ohrring fehlt auch!")
06:00 Uhr: Die Gruppe, die fürs Frühstück eingeteilt ist, wird aufgeweckt, um die Töpfe zu spülen. Natürlich wachen auch alle anderen auf.
06:05 Uhr: Mit einem tiefen Seufzer steht Marco auf und tritt aus seinem Zelt.
06:15 Uhr: Einer der Jugendlichen stolpert über meinen Schlafsack und fällt mir fast ins Gesicht.
Ich stehe auf. Die Nacht ist vorbei.



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